Naturismus in unseren deutschen Landen – ein kurzer Überblick
Von Nord nach Süd, von Ost nach West wird gewandert, geradelt, gejoggt, gekegelt, geschwommen, die Sonne genossen, quasi ohne Bekleidung, bis auf Schuhe und vielleicht einen Rucksack. Einige sind auch ohne Schuhe unterwegs. Überall im gesamten Bundesgebiet gibt es freie und vereinsorganisierte Gruppen, die eine Gemeinsamkeit haben – sie alle sind gerne nackt. Sie gehören damit zur FKK-Bewegung (Freikörperkultur), die in Deutschland ca. 7 Millionen Anhänger hat.
Auch in anderen Ländern Europas und rund um den Erdball gibt es FKK-Anhänger. Der weltweite Markt für FKK-Reisen boomt. Camping, Hotel- und Appartementanlagen, Kreuzfahrten, Segeltörns, Golf und Safaris werden hüllenlos angeboten und gebucht.
Anfang des letzten Jahrhunderts bildeten sich in Deutschland die ersten FKK-Vereine, deren Mitglieder damals wie heute das Nacktsein überwiegend auf vereinseigenen Gelände genießen. Jeder dieser Vereine ist wiederum Mitglied im Dachverband für Freikörperkultur (DFK). Daneben können auch Einzelpersonen, Paare und Familien Mitglied im DFK sein. Ca. 45.000 Deutsche sind derzeit vereinsmäßig organisiert.
In der ehemaligen DDR erfreute sich die Freikörperkultur an Ostseeküste und Badeseen besonderer Beliebtheit. Verbote von staatlicher Ebene konnten nicht dauerhaft durchgesetzt werden und auch nach der Wende ist der Naturismus erhalten geblieben. Viele Strandabschnitte werden von nackten und bekleideten Menschen gleichermaßen genutzt, ohne dass Konflikte entstehen.
Seit Anfang der Achtziger Jahre genießen die Münchener ihr Sonnenbad im Englischen Garten hüllenlos. Versuche der Stadtverwaltung, dies zu unterbinden, scheiterten. So wurde der Englische Garten zum weltweit ersten, öffentlich zugänglichen Nacktbadegebiet in Stadtlage.
Neben der Vereinsorientierung sind im Internet verschiedene Foren entstanden, die naturistisch ausgerichtet sind. Die Nutzer können sich zu Unternehmungen verabreden, Partner und Begleiter für nackte Aktivitäten finden, sich über Themen und Fragestellungen austauschen. In diesen Foren finden sich Menschen, die sich außerhalb eines abgeschlossenen Vereinsgeländes aufhalten und in freier Natur wandern, Fahrradfahren oder Joggen.
Über das Internet hat sich 2001 der erste World Naked Bike Ride (WNBR) formiert und findet seit dem jedes Jahr weltweit im Juni statt, mit dem größten Ride in London. Der WNBR ist ein internationaler Protestevent gegen den Raumbedarf des Autoverkehrs.
Im Frühjahr 2010 ist der erste deutsche Nackt-Wanderweg im Ost-Harz bei Wippra eröffnet worden. Inzwischen ist er sogar erweitert worden, ca. 13 km laden zum Nacktwandern ein.
Ende 2010 ist das Buch „Nacktwandern“ von Nicole Wunram erschienen (94 Seiten, € 7,90). Es gibt einen Überblick über die Szene und berät den Leser für seine erste oder nächste Nacktwanderung.
Der zweite deutsche Nackt-Wanderweg wurde im Frühjahr 2012 in der Nähe von Undeloh, in der Lüneburger Heide, ca. 50 km südlich von Hamburg eröffnet.
Die Themen Nacktwandern, Nacktradeln, Nacktsein treffen auf bundesweites Medieninteresse. Kaum ein Fernsehsender, der in jüngster Zeit nicht schon einen Beitrag zum Thema Naturismus brachte und viele Zeitungen schreiben darüber. Die Berichterstattung erfolgt überwiegend sachlich und seriös.
Und was fasziniert die Akteure am Nacktsein, warum nackt durch Wald und Flur? Natürlichkeit und Naturverbundenheit motivieren zum Fallenlassen der Hüllen. Freiheit und ein Gefühl der Entspannung, des Durchatmens stellt sich ein. Nach einigen Minuten fühlt es sich normal und natürlich an, nackt durch die Wälder zu wandern. Gesund ist es dazu, Luft kommt an die ganze Haut des Körpers und durch maßvollen Sonnenschein bildet der Körper Vitamin D. Früher wie heute wird dies sogar ärztlich verordnet.
Begegnungen von nackten und angezogenen Menschen in freier Natur verlaufen überwiegend positiv. Erstaunen, Humor, teilweise Verständnis bis Mitmachen wollen sind Reaktionen. Nur wenige behandeln die Nackten wie Luft, werfen ihnen Unfreundlichkeiten an den Kopf oder bestellen sogar die Polizei. Allgemein wollen Naturisten bei ihren Unternehmungen nicht provozieren und bevorzugen wenig frequentierte Wege und Landstriche, um das Nacktsein in der Natur zu genießen. Auch wenn launisches Sommerwetter Ausflüge manchmal erschwert oder verhindert, einige Fkk-Anhänger sind noch bei unter 10° C draußen unterwegs. Auch in den Bergen im Schnee sind wenige sehr Hartgesottene mit Mütze, Schal und Wanderschuhen gesichtet worden.